Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse am Thema Antifeminismus.

Im Zusammenhang mit der Plattform www.antifeminismus-melden.de sind in der öffentlichen Debatte einige Missverständnisse aufgetreten. Gerne klären wir darüber auf:

Die Meldestelle ist eine Anlaufstelle für Betroffene von Antifeminismus, also zum Beispiel für Menschen, die wegen ihres Engagements für Gleichberechtigung, Gleichstellung diffamiert, bedroht oder sogar angegriffen werden. Diese Menschen können sich dort melden, ihre Erfahrungen schildern und werden – wenn Sie möchten – auch an eine Beratungsstelle weitervermittelt, die sie dabei unterstützt, wie sie mit den Übergriffen umgehen können. Die Betroffenen stehen im Fokus der Arbeit der Meldestelle. Von Interesse sind dabei Vorfälle, die sich gegen Frauen und LSBTIQ* richten sowie Vorfälle, die ein organisiertes Vorgehen gegen Gleichberechtigung und Gleichstellung zeigen. Häufig folgen diese Ereignisse einer politischen Strategie. Sie senden eine Botschaft, die sich gegen Selbstbestimmung, die Gleichheit aller Geschlechter und die Sichtbarkeit marginalisierter Personen und Menschen und Organisationen, die sich dafür einsetzen, richtet.

Die freie Meinungsäußerung bleibt davon unberührt. In unserer pluralen, demokratischen Gesellschaft gilt Meinungsfreiheit. Niemand ist gezwungen feministische Positionen zu vertreten. Sachliche Kritik an feministischen Bestrebungen ist Teil des demokratischen Aushandlungsprozesses. Antifeminismus geht aber über eine einfache Meinungsverschiedenheit heraus. Ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass nicht alle Menschen gleich seien. In systematisch organisierten Kampagnen und Aktionen werden daher Menschen und Organisationen angefeindet und sogar physisch angegriffen, die sich für Gleichberechtigung, Gleichstellung und eine selbstbestimmte Lebensweise einsetzen. Es wird versucht, diese Menschen mundtot zu machen. Mit der Meldestelle haben die Betroffenen nun eine Anlaufstelle.

Antifeministische Ideologie propagiert ein patriarchales, zweigeschlechtliches Weltbild und richtet sich im Kern gegen Gleichberechtigung, Gleichstellung und eine selbstbestimmte Lebensweise sowie die Teilhabe von Frauen und LSBTIQ*. Sie richtet sich damit auch gegen Emanzipationsbestrebungen und Menschen und Organisationen, die sich für Gleichberechtigung, Gleichstellung, Teilhabe und Selbstbestimmung von Frauen und LSBTIQ* einsetzen.

Antifeminismus speist sich aus der misogynen Vorstellung, dass Frauen in einer ‘natürlichen Ordnung’ Männern untergeordnet sein sollten und Emanzipation diese Ordnung und die gesellschaftliche Machtposition von Männern gefährde. Als weitere Gefahr für diese Ordnung werden geschlechtliche Vielfalt und unterschiedliche sexuelle Orientierungen betrachtet. Die Ideologie des Antifeminismus hängt eng mit Sexismus – also der Diskriminierung und Abwertung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts – zusammen. Sexistische Einstellungen sind dabei ein zentraler Baustein eines antifeministischen Weltbildes.

Als Ideologie der Ungleichwertigkeit weist Antifeminismus eine enge Verbindung und Anschlussfähigkeit zu anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit auf, wie z.B. zu Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischen Rassismus und andere Phänomene der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.

Antifeminismus zeigt sich zum Teil auch sehr gewaltsam: So spielte Antifeminismus eine große Rolle für die Attentäter von Hanau (2020), Halle (2019) oder auch Christchurch (2019), Isla Vista (2014) und Oslo/Utøya (2011). Antifeminismus und Frauenhass tauchen auch in der sog. „Incel-Szene“ sowie in Verschwörungsnarrativen auf. Antifeminismus ist auch eine politische Strategie rechtsautoritärer Akteure, die zur Mobilisierung bis in die Mitte der Gesellschaft genutzt wird.

Wir wissen bisher aber noch nicht genug über das Phänomen und die Hintergründe und es gibt ein großes Dunkelfeld. Das Monitoring antifeministischer Vorfälle leistet einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarkeit des Phänomens. Zahlen und Fakten zur Tragweite antifeministischer Bestrebungen erlauben eine bessere Analyse. Ziel der Meldestelle ist die Dunkelfelderhellung und die Opferbefragung und damit die bessere Einordnung strafbarer antifeministischer Handlungen als Hasskriminalität. Aussagekräftige Daten über Betroffenenerfahrungen sind die Grundlage von gezielter Prävention und Intervention. Aufgabe der Meldestelle ist es ebenfalls, Empfehlungen an Politik und Verwaltung zu formulieren und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Für die Analyse ist es deshalb sinnvoll sowohl strafbare Handlungen anzuschauen, als auch solche, die unterhalb der sog. ‘Strafbarkeitsgrenze’ liegen. Damit kann einerseits das gesellschaftliche Potenzial für strafbare Handlungen beleuchtet werden. Andererseits wird das Dunkelfeld so besser beleuchtet. Das ist eine Vorgehensweise, die auch andere Meldestellen anwenden.

In der Debatte zeigt sich überdies ein grundlegendes Missverständnis: Es wird behauptet, dass die Meldestelle Denunziation befördern würde. Das ist falsch und wäre auch gar nicht möglich, denn die Meldestelle sammelt keine personenbezogenen Daten. Sollten im Freitext doch einmal Namen angegeben werden, werden diese gelöscht und nicht weiter verwendet. Die Meldungen werden alle anonymisiert und in einer Chronik zusammengeführt. Aus den gesammelten Daten können wir mehr über die Erfahrungen von Betroffenen lernen.

Für weitere Informationen empfehlen wir Ihnen die FAQs, die die Amadeu-Antonio-Stiftung zusammengestellt hat.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Ursula Schäfer
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Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Service-Team

Tel.: 030 201 791 30
montags bis donnerstags von 9 bis 18 Uhr
Fax: 030 18 555 4400
Internet: http://www.bmfsfj.de
E-Mail: info@bmfsfjservice.bund.de

Kommentar

Wenn auf der Website antifeminismus-melden.de von Feminismus die Rede ist, dann ist intersektionaler Queer-Feminismus gemeint.

Der Begriff “Antifeminismus” hingegen wird vom Ministerium wenig randscharf definiert:

  • “organisiertes Vorgehen gegen Gleichberechtigung und Gleichstellung”
  • “eine Botschaft, die sich gegen Selbstbestimmung, die Gleichheit aller Geschlechter und die Sichtbarkeit marginalisierter Personen und Menschen und Organisationen, die sich dafür einsetzen, richtet”
  • “Antifeminismus speist sich aus der misogynen Vorstellung, dass Frauen in einer ‘natürlichen Ordnung’ Männern untergeordnet sein sollten”
  • “Antifeministische Ideologie propagiert ein patriarchales, zweigeschlechtliches Weltbild und richtet sich im Kern gegen Gleichberechtigung, Gleichstellung und eine selbstbestimmte Lebensweise sowie die Teilhabe von Frauen und LSBTIQ.”
  • “Als Ideologie der Ungleichwertigkeit weist Antifeminismus eine enge Verbindung und Anschlussfähigkeit zu anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit auf, wie z.B. zu Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischen Rassismus.”
  • “Antifeminismus ist auch eine politische Strategie rechtsautoritärer Akteure.”

Nach wie vor findet sich als Beispiel für “Antifeminismus” folgendes Delikt auf der antifeminismus-melden-Website: “Organisierte Kampagnen gegen geschlechtergerechte Sprache.”